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Alison Espach

Wedding People

Wedding People

Meine subjektive Gesamtbewertung:

Eine depressive Frau gerät in eine Hochzeitsgesellschaft – tiefgründig, anspruchsvoll, aber auch mutmachend

 

Reihe: -
Band/von Anzahl Bände zum Zeitpunkt der Rezension: -
Abgeschlossenheit des Buches: In sich abgeschlossen


Klappentext

Zwei Frauen. Zwei Pläne. Und eine Woche, die alles verändert.

Als Phoebe Stone in einem grünen Seidenkleid und goldenen High Heels im prächtigen »Cornwall Inn« ankommt, wird sie von allen für einen Hochzeitsgast gehalten. Doch sie ist die Einzige, die nicht zum Feiern angereist ist. Seit Jahren hat sie davon geträumt, mit ihrem Mann hierherzukommen. Nun ist sie ohne ihn hier, am Tiefpunkt ihres Lebens, fest entschlossen, sich ein letztes Mal etwas zu gönnen, bevor sie mit allem Schluss macht. Dumm nur, dass sie ausgerechnet der Braut in die Quere kommt. Die hat jedes Detail und jede denkbare Katastrophe sorgfältig einkalkuliert - mit einer Ausnahme: Phoebe und deren Vorhaben. Als sich ihre Wege kreuzen, gerät alles aus dem Takt, und es setzt etwas in Gang, das keine von ihnen erwartet hat.

Absurd komisch und tief berührend erzählt Wedding People von den verschlungenen Wegen des Lebens und von den zufälligen Begegnungen, die manchmal nötig sind, um uns auf einen neuen Kurs zu bringen.


Rezension

Dieses Buch war eine echte Überraschung. Hatte ich doch nach dem Klappentext etwas absurd Komisches erwartet. Dann bin ich aber in eine zunächst bitter-melancholische Erzählung hineingeraten, die erst später und auch nur in vereinzelten Szenen durch ein paar unterhaltsame Dialoge im Gilmore Girls-Stil eine humorvolle Seite bekommen hat. Ansonsten fand ich das Buch eher nicht so komisch, sondern eher erkenntnisreich und intensiv.

Die Geschichte wird im Personalen Erzähler aus Sicht von Phoebe erzählt, die sich, wie der Klappentext schon verrät, in ein wunderschönes Hotel begibt, um sich dort umzubringen und dabei in eine Hochzeitsgesellschaft gerät.

Es gibt im Prinzip zwei Geschichten, die sich miteinander verschlingen: Die Geschichte von Phoebe, ihrem Selbstmordversuch und ihrer anschließenden Entwicklung auf der einen Seite. Auf der anderen Seite die des Hochzeitspaars.

So begleiten wir Phoebe, die in einer tiefen Depression steckt. Schon immer scheint sie eher der Typ gewesen zu sein, der sich an andere hängt, hofft, dass diese für sie die Entscheidungen treffen oder ihre Probleme lösen. Anstatt ihre eigenen Wünsche und Talente zu erkunden, bleibt sie lieber in der Sicherheit, anderen bei der Erfüllung ihres Lebenswegs zu helfen. Insbesondere den ihres Mannes. Ihr einziger Lebenstraum scheint es gewesen zu sein, Kinder zu bekommen und das hat nicht geklappt. Und dann hat sie bei ihrem fünften und letzten Versuch einen Abgang in der zehnten Woche. Ihr Mann verliebt sich derweil in ihre beste Freundin und ihre gemeinsame Arbeitskollegin und verlässt sie. Und sie sitzt in der Isolation während Corona allein zu hause. Die Bitterkeit und Melancholie dringen bis zum Selbstmordversuch nach etwa einem Fünftel des Buches aus jeder Zeile. Man leidet mit ihr mit. Reflektiert mit ihr über die Ungerechtigkeit, begleitet sie, bei ihren Erinnerungen an die gute Zeit mit ihrem Ex-Mann, Matt, und wie es dann irgendwann auch nicht mehr so gut lief, die Versuche Schwanger zu werden und wie ihr Mann sie sang- und klanglos von einem Moment zum nächsten verlassen hat.

Es werden einem massenhaft Erkenntnisse in dem Buch serviert.

Phoebe ist hervorragend charakterisiert und wird zu einer lebensechten, komplexen Person. Auch faszinierend ist, ihrem inneren Monolog zu folgen, in den auch viele literarische Assoziationen einfließen, denn sie ist Literaturprofessorin mit dem Schwerpunkt viktorianische Literatur und auch an sich sehr gebildet. Nun bin ich selbst keine Expertin, auch wenn ich viele der erwähnten Bücher gelesen und Kunststile betrachtet habe, aber es klang zumindest alles sehr kenntnisreich und wissenschaftlich. Man nimmt ihr, ihre Professur locker ab und ich ziehe meinen Hut vor der Bildung der Autorin.

Es war wahnsinnig schön, sie auf ihrer Reise zu begleiten, mit ihrem Schmerz fertig zu werden, anzufangen die eigenen Wünsche zu erkunden und endlich anzufangen, sich selbst authentisch einzubringen, anstatt immer nur die Erwartungen anderer zu erfüllen.

Dabei hilft ihr unwissentlich „die Braut“, aka Lila. Ihr gegenüber traut Phoebe sich, sie selbst zu sein, kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen und komischerweise ist es genau das, was Lila gerade zu brauchen scheint. So zieht sie sie immer mehr ins Hochzeitsgeschehen und das ganze Drama hinein und damit entern auch wir Leser:innen die Geschichte des Hochzeitspaars, ihre Backstories und die familiären Verwicklungen. Und auch hier gibt es einen Entwicklungspfad, dem wir folgen und mit Phoebe begleiten und gegebenenfalls sogar katalysieren.

Die vielen Reflexionen über das Leben, die eigene Geschichte, die aktuellen Ereignisse und Charaktere auf der Hochzeitswoche waren sehr tiefgründig. Psychologisch hervorragend inszeniert und durch die Protagonist:innen sehr treffend analysiert. Und bei allem so realistisch. Aber darüber hinausgehend auch wie eine Kritik am Zustand der Gesellschaft, die sich über Konsum und überdrehte Events versucht, echte, nachhaltige Gefühle zu verschaffen. Die Frage ist nur, halten wir an der Lüge fest oder erkennen wir irgendwann ihre Nutzlosigkeit und finden zu uns selbst, dem was uns wirklich antreibt und glücklich macht. Und diese Frage muss sich auch das Brautpaar stellen.

Und nicht nur psychologisch eine hervorragend konstruierte Geschichte. Auch gibt es viele literarisch wertvolle Passagen. Wie Phoebe anfangs die Menschen innerlich mit ihrer Rolle oder Merkmal bezeichnet, wodurch die Autorin das musterhaft-konventionelle an der ganzen Veranstaltung verdeutlicht. Denn so sehr es auf die Spitze getrieben wird bei dieser Hochzeit, dem Drang alles dagewesen zu übertreffen, ist es dennoch nur ein Klischee. Solche kleinen und größeren Kniffe gibt es zuhauf in dem Buch. Man kann darüber hinweglesen, wenn es einen nicht interessiert. Es stört nicht, macht den Text nicht kompliziert oder unleserlich. Aber wer Lust hat, kann auch noch viel Subtext und literarische Verstärkung herausfiltern. Auch wenn man nicht drauf achtet, überträgt sich wunderbar die jeweilige Stimmung, so dass man sich sehr gut in die Situationen und die Charaktere einfühlen kann.

Nachdem Phoebe ihren Selbstmord hat scheitern lassen, hatte ich spannungstechnisch eine kleine Durststrecke mit den langen Rückblenden zu ihrer gescheiterten Ehe. Es lohnt sich aber, durchzuhalten, denn sobald sie näher in das Hochzeitsgeschehen einsteigt, wird`s wieder spannend: Wer ist der Mann im Whirlpool gewesen, mit dem sie sofort auf einer Wellenlänge war? Wird sie ihn wiedertreffen? Wird sie noch weiter in die Hochzeit reingezogen oder bleibt sie Zaungast? Wie geht sie mit den Verwicklungen auf der Hochzeit um?

Obwohl Phoebe dabei ist, sich besser abzugrenzen, mehr sie selbst zu werden und zu lernen sich zu nehmen, was sie will, überzeichnet sie dies nicht, wie man es häufig bei Menschen in der Realität miterleben kann, die das gerade lernen. Es ist toll, mit anzusehen, wie sensibel sie durch die kleinen Fallen hindurchnavigiert und es trotzdem schafft, mehr sie selbst zu werden.

Es gibt kein Gut oder Böse in der Geschichte nur Menschen in ihrer ganzen Komplexität, die mit sich kämpfen, ihre Ansichten haben, ihre Bedürfnisse und Schrullen. Ihre Verletzungen, ihre Bewältigungsversuche, ihre Persönlichkeit, ihr eigenes Leben.

Und ja, es ist neben dem ganzen Anspruch auch eine ziemlich gute Romance, auch wenn es am Ende noch nicht alles besiegelt ist. Aber es gibt auch die typischen emotionalen Verwirrungen und Unsicherheiten, auch wenn sie hier sehr reflektiert und tiefgründig in Szene gesetzt werden.


Kategorisierung

Achtung: Die folgende Kategorisierung enthält Spoiler!

📚 Romance-Sub-Genre: Contemporary
👥 Altersgruppe der Hauptfiguren: Ü 40
Plot-Trope: Afraid to commit, Emotional scars, Forbidden love, Single parent, Widower
🌎 Setting-Trope: Upper class
Geschlechterkonstellation: Hetero
💞 Beziehungsstruktur: -
🔪 Spannung: Packend
💓 Emotionalität: Hoch
🧠 Psychologische Tiefe: Tiefgehend
🧐 Glaubwürdigkeit: Glaubwürdig
❤️ Sympathiefaktor der Hauptfiguren: Sympathisch
😆 Humor: Teils teils
👫 Klassisches Rollenmodell: Teils teils
💋 Anzahl Spicy Szenen: 0
🔗 Spielart Spicy Szenen: -
🔥 Explizitheit Spicy Szenen: -
🎨 Originalität der Erzählweise: Individuelle Sprache und Szenen
👀 Erzählperspektive: 3. Person
📏 Länge des Buchs: Extra lang


Quelle

🖼️ Konsumiertes Format: E-Book – kostenloses Rezensionsexemplar vermittelt durch NetGalley. Vielen Dank! Mein Urteil wurde dadurch in keiner Weise beeinflusst.
📅 Erscheinungsdatum: 25.07.2025
🔄 Übersetzer:innen: Verena Ludorff
🏢 Verlag: Bastei Lübbe
🎙️ Vorleser:innen: -


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✍️ Rezension verfasst am: 06.06.2025

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